Was ist denn bittschön Wicca?
In meinem Buch "Blessed be, sister" geht es um Anna, eine ganz normale "Vorstadthausfrau" mitten in ihrer Scheidung. Doch ist sie wirklich einfach nur sooo durchschnittlich wie sie sich selbst sieht? Wie kommt sie auf Wicca?
Was das überhaupt ist, musste sie genauso recherchieren wie ich :-))
Obwohl ich mich schon seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftige.
Hier ein Buchauszug, in dem sie entdeckt, wie diese Religion - denn das ist Wicca - entstand:
Jaaaaa, gut. Besser: nicht gut. Allerdings: Ich war
Patricia gegenüber nicht misstrauisch, zweifelte den Wolf vehement
an, fühlte mich nicht nervös und zeigte kein außergewöhnliches
Verhalten. Fand ich jetzt. Spät abends im Wald zu sitzen, und vor
sich hin zu träumen, war ja so ungewöhnlich auch nicht. Und den
Wolf zweifelte ich ja, wie gesagt, an. Magie auch.
Die ruhige Woche, die vor mir lag, war ja auch nicht
direkt ein Rückzug in die Einsamkeit. Da ich Magie, wie schon
festgestellt, anzweifelte, ging ich also nach dem Frühstück direkt
an den PC. Und begann mit klärenden Nachforschungen. Das Buffet
konnte warten.
Was hatte Mutti gemeint, mit: sie hätte immer drauf
gewartet, dass ich danach fragen würde?
Da ich aber nicht misstrauisch war, nervös schon gar
nicht, verfolgte ich diesen Gedanken nicht weiter. Sondern
verfolgte lieber im PC die Entwicklung der neuzeitlichen Hexen, die
ihre Religion Wicca nannten.
Zig Seiten blätterten sich bei dem Stichwort auf.
Erstaunlich eigentlich, dass das, was Patricia
sicherlich mit Religion gemeint hatte, erst so um 1969 offiziell als
eigenständige Glaubensrichtung anerkannt wurde, zumindest in
Amerika. Dazu kam noch, dass die Bewegung an sich Jahre vorher durch
einen Mann, Gardner, sozusagen an die Öffentlichkeit gebracht
worden war. Indem er einem breiten Publikum Insider-Einzelheiten
unterbreitet hatte. In einem Buch der Schatten, schon notiert.
Bemerkenswert auch, weil insgesamt Wicca eher
feministisch angelegt zu sein schien. Wicca, das Wort allein gefiel
mir.
Frischer Kaffee, Wolf ignoriert, der mit seinen Augen
alles im Bildschirm verfolgte.
Konnten Wölfe lesen?
Vieles von dem, was ich las, brachte nicht nur etwas in
mir zum Klingen, es tauchten sofort intensive Bilder auf.
Halluzinationen? Der Wolf war ganz klar eine. ABER,
Halluzinationen sah man ja eigentlich im Äußeren. Die Bilder
kamen im Inneren, in meinem Kopf. Konnte man unter: zu viel Fantasie
abbuchen?
Also ging ich immer wieder an die Themen zurück. Den
ganzen Morgen über.
Sowie ich die Beschreibungen las, kam es mir vor, als
würde ich mich einfach nur an etwas erinnern, das ich vergessen
hatte. Ich kannte, wusste all das. Eine Art seltsames Déejà vu.
Als ich Merles Schlüssel in der Tür hörte, schrak ich
zusammen. Wie spät war es, ich saß hier noch immer im Schlaf-Shirt?
Blitzschnell rief ich Kuchenrezepte auf.
Sah mich auch sehr kritisch an, meine Tochter.
„Ich wollte nur kurz Hallo sagen, ich habe schon zu
Hause gegessen. Äh, störe ich gerade?“
Die korrekte Formulierung wäre wahrscheinlich gewesen:
bei WAS störe ich dich gerade?
„Nein, nein, ich such schon den ganzen Morgen nach
Zutaten für Lydias Buffet. Da habe ich auch schon einiges zusammen.“
Ich zeigte ihr die gestrige Liste.
Nach einer kritischen Überprüfung schien Merle
zufrieden zu sein.
„Das liest sich gut. Ich wollte dir auch nur Bescheid
sagen, dass ich in den nächsten Tagen viele Proben habe, für das
Konzert. Wahrscheinlich sehen wir uns vorher gar nicht mehr. Aber du
kommst doch bestimmt, oder?“
„Ja selbstverständlich. Die Liste ist ja auch noch
längst nicht fertig, damit bin ich bis Donnerstag beschäftigt.
Jetzt gehe ich duschen, dann druck ich die Rezepte aus.“
Am Nachmittag saß ich allerdings wieder mitten in
meiner magischen Feldforschung.
Die Idee, eine weibliche Göttin zugrunde zu legen, die
ALLES in sich trug, gefiel mir.
Religionen, besonders christliche Richtungen, waren noch
nie logisch für mich. Die Vorstellung eines kleinen alten Mannes,
der während seiner Wutanfälle ganze Regionen vernichtet, eine Armee
geflügelter Krieger, Engel, besitzt, Jungfrauen schwängern lässt
oder seinen Sohn ans Kreuz nageln, war einfach absurd für mich. Weit
sinnvoller empfand ich die Einstellung der Wicca, davon auszugehen,
dass alles mit allem verbunden ist. Alles in allem enthalten, das
Kleinste eine Spiegelung des Größten und umgekehrt. As above, so
below, as the universe, so the soul.
Wie oben, so unten, wie das Universum, so die Seele.
Ich liebte diesen Satz sofort.
Ein Kreis der Jahreszeiten mit seinen Festen, etliche
davon keltischen Ursprungs, entsprach meiner kreativen Seele
sehr. Das grundlegende Gesetz der Wicca: Tu, was immer du tun willst,
solange es niemandem schadet, denn alles, was du tust, kehrt dreifach
zu dir zurück, war doch einfach nur logisch. Um Längen besser als
ein: Gehorche mir, lebe ausschließlich nach meinem Gebot, sonst
findest du dich in der Hölle wieder, oder?
„Was hältst du davon?“ Frage an den Wolf. Mit wem
hätte ich sonst reden sollen?
Hockte vor meinem Schreibtisch und beobachtete mich.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen